Waldemar Otto

1948 – 54 Studium an der Hochschule für bildende Künste Berlin. Seit 1973 Professor an der Kunsthochschule Bremen. Lebt in Worpswede und Berlin.

Bildnis Katharina E., 1976, Bronze, Metteranlagen

In dieser Plastik ist eine junge Frau dargestellt, die regelmäßig für Waldemar Ottos Bildhauerklasse an der Bremer Kunsthochschule Modell stand. Die unausgeprägten weiblichen Körperformen der schlanken und eher knabenhaften Gestalt werden durch die locker sitzende Kleidung weitgehend verhüllt. In der Skulptur halten sich eine realistische Sicht des menschlichen Körpers und eine Tendenz zu Stilisierung und Abstraktion die Waage. Vor allem der über einem hohen schlanken Hals ansetzende Kopf und das Gesicht sind stark stilisiert, was durch das fehlende Haar noch unterstrichen wird. Die Gesichtszüge der androgynen jungen Frau erhalten so eine gewisse Strenge und zeitlose Entrücktheit, die ganz im Gegensatz zu der betont lässigen Körperhaltung und der modisch legeren Kleidung stehen.

 

Adam isst die Frucht, 1981, Bronze, Metteranlagen

Waldemar Otto ist einer der wichtigsten Vertreter der realistischen Plastik in Deutschland. Vielerorts stellen sich seine oft mächtigen Figuren in ihrer pointierten Leiblichkeit herausfordernd den Passanten in den Weg. Der drastische Naturalismus, mit dem der Bildhauer uns hier den ersten Menschen als gealterten und wenig sympathischen Durchschnittstypen mit Wampe und Glatze vorführt, lässt die Darstellung fast wie eine Travestie der Sündenfall-Erzählung aus der Genesis aussehen. Adam erscheint als der Prototyp des gierig überfressenen Wohlstandsmenschen unserer Tage. Diese gesellschaftskritische inhaltliche Dimension verstellt aber allzu leicht den Blick dafür, wie konsequent bei den Skulpturen Waldemar Ottos stets die formale Balance zwischen Bewegung und Gegenbewegung, zwischen Entspannung und Verdichtung durchgehalten ist.