Leonhard Oesterle

Lehre als Dreher. 1943 Flucht aus einem Außenlager des KZ Dachau in die Schweiz. 1943 – 45 während der Internierung im Flüchtlingslager Zusammenarbeit mit Fritz Wotruba. 1945–46 Studium an der Züricher Kunstgewerbeschule bei Ernst Gubler. 1956 Auswanderung nach Kanada. 1963 – 88 Lehrer für Bildhauerei am Art College of Ontario, Toronto. 2009 in Toronto gestorben.

In der Nähe des Hauses, in dem Leonhard Oesterle geboren wurde und seine Jugend verbracht hat, steht eine derjenigen Skulpturen, die unmittelbar nach der Auswanderung des Künstlers nach Kanada entstanden.

Weiblicher Torso, 1957, Bronze, beim Fräuleinsbrunnen

Die Proportionen der Figur sind auffällig gelängt, die einzelnen Körperpartien stark stilisiert und auf einfache geschlossene Formen reduziert. Vor allem der hohe, säulenhafte Rumpf fällt ins Auge. Das Gesicht, das durch einen etwas melancholischen Blick charakterisiert wird, ist abgewandt. In seiner Formensprache und in der ruhigen Gestimmtheit der Figur bezieht sich Leonhard Oesterle in dieser Arbeit deutlich auf Tendenzen innerhalb der europäischen Bildhaueravantgarde am Anfang des Jahrhunderts, etwa auf Aristide Maillol oder Wilhelm Lehmbruck. In Toronto gab es in den fünfziger Jahren keine eigentliche Kunstszene und keinen Kunstmarkt, schon gar nicht für lebensgroße Bronzen. Es verwundert daher nicht, dass der aus Europa eingewanderte Bildhauer sich in dieser Situation seiner künstlerischen Wurzeln versichert.

 

Junges Pferd, 1974, Bronze, Am Bürgergarten

Liegende, 1980, Bronze, Am Bürgergarten